Bocholt / Suderwick

Stadtgeschichte: An der Kaiserstraße im Sommer 1912

Foto des Monats Juli 2015

BOCHOLT – Ein Bild aus dem womöglich unbekannten Bocholt eröffnet sich dem Betrachter, der bei diesem Anblick in das Jahr 1912 zurückversetzt wird. Es entstand im Sommer jenes Jahres an der heutigen Kaiser-Wilhelm-Straße, die damals allerdings noch „Kaiserstraße“ hieß. Seinerzeit ließ die Stadtverwaltung die alte Chaussee nach Wesel kanalisieren und neu pflastern.

Der Fotograf befindet sich etwa in Höhe des Verbindungsweges „Am Schützenhof“ mit Blick nach Norden in Richtung Innenstadt. Er nimmt ein Foto von den Straßenbauarbeiten, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Endphase befinden. Die Kanalrohre sind verlegt, die Gräben zugeschüttet, und das Straßenpflaster wird wieder befestigt. Der Bauarbeiter wendet sich gerade ab, so dass die Aufnahme in diesem Moment ein wenig unscharf erscheint.

Das Stadtarchiv präsentiert das historische Foto des Monats Juli 2015

Im Vordergrund rechts tritt die Restauration von Heinrich Gödde (1871-1921) mit seiner aufwändig verzierten Fassade ins Bild. Die Hauswand ist rechts mit einem Schild versehen, bei dem es sich um ein Emailplakat mit Werbung für einen Kräuterschnaps handelt. Dieses 1880 gebaute Haus erwarb 1892 der Kaufmann Georg Leimers, der darin den „Gasthof zum wilden Mann“ eröffnete. Sechs Jahre später übernahm Franz Wilmes und im September 1904 schließlich Heinrich Gödde die Gastwirtschaft.

Das Haus in der Mitte fällt etwas kleiner und anspruchsloser aus. Dort wohnte seinerzeit der Lohnbuchhalter Lennartz mit seiner Familie. Im Anschluss daran erhebt sich die stattliche, beinahe schon übermächtige Häuserfront des Eckhauses zur Bahnhofstraße. Schaut man weiter nach Norden, so fallen im Hintergrund die tiefen Gärten auf, die sich längs der Kaiserstraße mit ihren hohen und alten Baumbeständen erstrecken. Sie gehören zu den großen Villen und Fabrikantenhäusern, die in dieser Gegend errichtet wurden und sich dem Betrachter verbergen.

Die Straßenbauarbeiten an der Kaiserstraße hatten sich 1912 über Monate hingezogen, so dass der Verkehrsweg keinesfalls einen majestätischen Eindruck vermittelte. Im Spätsommer waren die Tiefbauarbeiten jedoch beendet, und die Stadtverordnetenversammlung benannte am 29. Oktober 1912 die bisherige Kaiserstraße in „Kaiser-Wilhelm-Straße“ um.

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